„Pflege, Handwerk, Gastronomie, Luftverkehr – der Mangel an Personal macht sich in Deutschland längst im Alltag bemerkbar. In der aktuellen Debatte um die Zuwanderung von Fachkräften darf nicht vergessen werden, dass laut der geschönten offiziellen Statistik die Arbeitslosigkeit im Juli bei 5,4 Prozent und die Unterbeschäftigung bei 6,9 Prozent lag. Bevor die Bundesregierung sich als global agierende Arbeitsvermittlerin für die Unternehmen hergibt, sollte sie ihr Hauptaugenmerk auf das im Land vorhandene Potenzial richten. Wir brauchen eine sofortige Aus- und Weiterbildungsoffensive, die für Arbeitslose nachhaltige Perspektiven am Arbeitsmarkt schafft“, kommentiert Jessica Tatti, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, den aktuellen Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit. Tatti weiter:
„Die vor wenigen Tagen vorgelegte interne Revision der Bundesagentur für Arbeit hat eklatante Mängel offenbart, die in keiner Weise akzeptabel sind. Wir können es uns schlichtweg nicht leisten, Arbeitslosigkeit nur zu verwalten. Zeiten der Arbeitslosigkeit müssen für gezielte Qualifizierung und Weiterbildung genutzt werden. Aus Arbeitslosen können Fachkräfte werden. Auch Beschäftigte, insbesondere mit geringerer Qualifikation, brauchen zielgerichtete Weiterbildungen in der Transformation von Wirtschaft und Arbeitswelt. Dass während der Corona-Pandemie der Anteil der weiterbildenden Betriebe in Deutschland deutlich zurückgegangen ist, ist ein denkbar schlechtes Signal. Die Debatte um den Fachkräftemangel darf nicht auf die zweifelsfrei notwendige Zuwanderung von Fachkräften reduziert werden. Staat und Unternehmen dürfen sich nicht um die Kosten für Aus- und Weiterbildung drücken und damit Arbeitslose, geringer Qualifizierte und viele junge Menschen abschreiben, die es momentan schwer haben, einen Job oder einen Ausbildungsplatz zu finden. Ihre Integration in den Arbeitsmarkt muss in den Mittelpunkt der Politik rücken.
Zudem ist der Fachkräftemangel in Deutschland oft hausgemacht. In vielen Branchen sind die Rahmenbedingungen derart schlecht, dass Beschäftigte lieber fachfremd in einem anderen Bereich als Helfer anheuern oder ihre Arbeitszeit reduzieren. Solange diese Probleme nicht behoben werden, wird Deutschland auch kein beliebtes Einwanderungsziel für Fachkräfte werden, denn die werden auch in anderen Ländern händeringend gesucht.“